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„Kaiser von Deutschland“?

Otto von Bismarck (1815–1898) über die Ereignisse vor und während der Kaiserproklamation am 17. und 18. Januar 1871:
„In der Schlussberatung am 17. Januar lehnte er [König Wilhelm] die Bezeichnung Deutscher Kaiser ab und erklärte, er wolle Kaiser von Deutschland oder gar nicht Kaiser sein. (…) Die Erörterung der Titelfrage kam zu keinem klaren Abschluss. (…)

Diese Sachlage veranlasste mich, am folgenden Morgen, vor der Feierlichkeit im Spiegelsaale, den Großherzog von Baden aufzusuchen als den ersten der anwesenden Fürsten, der voraussichtlich nach Verlesung der Proklamation das Wort nehmen würde, und ihn zu fragen, wie er den neuen Kaiser zu bezeichnen denke. Der Großherzog antwortete ‚als Kaiser von Deutschland, nach Befehl sr. Majestät.‘(…)

Ich war bei Verlesung der Proklamation in Spannung. Der Großherzog wich dadurch aus, dass er ein Hoch weder auf den Deutschen Kaiser noch auf den Kaiser von Deutschland, sondern auf den Kaiser Wilhelm ausbrachte. Se. Majestät hatte mir diesen Verlauf so übel genommen, dass er beim Herabtreten von dem erhöhten Stande der Fürsten mich, der ich allein auf dem freien Platze davor stand, ignorierte, an mir vorüberging, um den hinter mir stehenden Generälen die Hand zu bieten, und in dieser Haltung mehrere tage verharrte (…).“

Quelle: Otto von Bismarck: Gedanken und Erinnerungen. Mit einem Essay von Lothar Gall. Darmstadt 1998, S. 360–362